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Forschungsinstitut Brenner-Archiv
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Lexikon Literatur in Tirol
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Balthasar Hunold
Geb. 24.04.1828 in Oberurnen/Schweiz; gest. 26.06.1884 in Oberurnen/Schweiz.
Der Volksdichter Balthasar Hunold kommt 1848 nach Innsbruck, wo er fünf Jahre das Gymnasium besucht. Sein Entdecker und Mentor, Adolf Pichler, vermittelt ihn 1853 als Skriptor ans Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Im selben Jahr erscheint sein erster Band „Lyrische Gedichte“, der insgesamt 5 Auflagen erleben wird.
Von 1877 bis 1884 ist er Kustos des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Dort befindet sich auch das Porträt, das Franz Defregger, mit dem ihn Freundschaft verband von ihm angefertigt hat.
Balthasar Hunold wird am 24. April 1828 in Oberurnen in der Schweiz als Sohn des Leinenwebers Josef Balthasar in ärmliche Verhältnisse geboren. Er verdingt sich zunächst als Hirtenbub, später als Weber und Hausierer mit Alpenkräutern. Im Alter von nur 15 Jahren geht er als Schulmeister in Oberurnen in Stellung.
Hunold war bereits zu Lebzeiten sehr populär. Dies gilt besonders für seine Lyrik. Er war Mitarbeiter der Zeitschrift Phönix. Seine Gedichte fanden in erster Linie in Zeitungen Abdruck, sie sind Ausdruck seiner tiefempfundenen Verbundenheit mit der Natur. 1886 brachte man am Café Kasenbacher in Hall eine Gedenktafel für ihn an.
Balthasar Hunold starb am 26.6.1884 in Oberurnen in seiner Schweizer Heimat.
Adolf Pichler, der Entdecker und Freund Hunolds, schreibt in seinen Tagebüchern über die letzte Begegnung mit Hunold:
"Am 17. Juni 1884 um fünf Uhr abends traf ich vor dem Cafe Bilger in Innsbruck meinen alten Freund Balthasar Hunold am Arme seiner Schwester, wie er sich langsam und mühselig neben den Mauern vorwärtstastete. Er teilte mir kurz mit, daß ihm nicht mehr zu helfen sei, er werde daher morgen um 1 Uhr in die Schweiz abreisen. „Ich danke für alles!“ waren seine letzten Worte; als wir uns zum Abschiede die Hände reichten, wußten wir beide, daß wir uns nie wieder sehen würden, - noch ein langer Blick und er schob sich weiter. Am 27. Juni starb er und ruht nun unter einem weißen Marbelstein in heimischer Erde." (Pichler, Adolf: Aus den Tagebüchern. 1850-99. S. 197)
Und weiter:
"Im Jahre 1848 trug ihn ein günstiger Wind nach Innsbruck, er trat als Schüler ins Gymnasium und studierte unter bitteren Entbehrungen aber mit ausgezeichnetem Erfolge. Da wurde die Stelle eines Skritpors am Ferdinandeum frei; weil er fremder Sprachen kundig war, empfahl ich ihn, und er erhielt den Platz. Nun war er im Hafen, von dem er bis in den letzten Tagen nicht mehr auslaufen sollte.
Das Gehalt war nicht groß, aber die Aufgabe auch nicht schwer; er mußte die schriftlichen Einläufe erledigen, Etiketten zeichnen und gelegentlich Fremde in den Sammlungen herumführen, wofür er dann ein kleines Trinkgeld erhielt. Bei seiner großen Mäßigkeit konnte er allmählich ein paar tausend Gulden ersparen, die er auf ein Häuschen legte,
Da saß er denn in der Kanzlei sinnend und denkend, ob ihn nicht die Muse besuchen wolle? – Oft lehnte er des Winters, die Hände rückwärts, am warmen Ofen und „trocknete das Pulver“.¬ Kam ich zufällig daher, so begann er stereotyp in seinem gemütlichen Schweizer-Deutsch: „Herr Professor, i hob an Gedonck’n, der war für a Sonetterl!“ – „Nun, was denn?“ – Da erzählte er langsam, Wort für Wort betonend, mit gemessenem Ausdrucke. Ich lachte ihn meistens aus; er gab aber nicht nach, bis ich meine Ansicht sagte und wohl auch einen oder den anderen krummen Fuß einrenkte. Das war meistens nur Reflexions-Poesie, wie es geschieht, wenn man erst zur Seele den Leib suchen muß. Er lagerte diese Ware gewöhnlich in einem Lokalblatte ab und wurde dann dafür gehänselt; der sarkastische Professor Josef Daum travestierte ihn einmal als Nabuchodonosor Unhold“. Indes darf man seine Poesie nicht zu niedrig anschlagen, namentlich unter den Sonetten findet sich manches treffliche, nach Form und Inhalt ausgereifte, das selbst Platens strengen Maßstab ertragen würde. […]
Ein feiner Humor, manches gelungene Bildchen machte seine „Innsbrucker und Haller Spaziergänge“ beliebt. Auch ein und das andere erzählende Gedicht leistete er, als ein Meisterwerk in seiner Art, wie die deutsche Litteratur nicht viel ähnliche besitzt, bringe ich am Schlusse den „Wirt an der Mahr“. Man errichtet diesem Helden der Wahrheit jetzt zur Bozen ein Denkmal, Hunolds Verse werden jede goldene Inschrift auf Stein überdauern. […]
Die Züge seines plastisch schönen Kopfes hat uns der Meisterpinsel Defreggers erhalten; das Bild hängt im Ferdinandeum." (Pichler, Adolf: Aus den Tagebüchern. 1850-1890. S. 198)
Balthasar Hunold: Haller Spaziergänge. Innsbruck 1878.
Balthasar Hunold: Innsbrucker Spaziergänge. Innsbruck 1883.
Balthasar Hunold: Wache Träume. Gedichte. 4. Aufl. Innsbruck 1864.
Castle, Eduard (Hrsg.): Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Österreich-Ungarn. Unter Mitwirkung hervorragender Fachgenossen nach dem Tode von Johann Willibald Nagl und Jakob Zeidler. Dritter Band. Von 1848 bis 1890. Wien: Carl Fromme 1930.
Gasser, Vinzenz P. (Hrsg.). Balthasar Hunold. In: Erstes biographisch-literarisches Schriftstellerlexikon von Tirol. O.S.B. 1896 (II. Band) ,S. 117-118.
Giebisch H., Pichler L., Vancsa K. (Hrsg.). Hunold, Balthasar. In: Kleines Österreichisches Literaturlexikon. Wien: Hollinek 1948, S. 189
Hörmann, L. von: Schweizer Lexikon der Literatur. Ein Schweizer Dichter. In: Der Alpenfreund 3, 1871, S. 281-287.
Pfaundler-Spat, Gertrud: Tirol-Lexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Ort des Bundeslandes Tirol. Vollständig überarbeitete und ergänzte Neuauflage. Innsbruck: Studien Verlag 2005.
Pichler, Adolf: Aus Tagebüchern 1850-99. München; Leipzig: Georg Müller 1905.
VerfasserIn:
Jennifer Moritz
siehe auch Lexikon Literatur Tirol
Texte mit Bezug zu
Gnadenwald
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Martinswand und Maximiliangrotte
Inhalt: Iris Kathan und Jennifer Moritz
Datenbank- und Webprogrammierung:
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