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Mayrhofen
Mayrhofen zählt seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu den beliebtesten Sommerfrischeorten des Zillertals und zog immer wieder Schriftsteller an.
Mayrhofen, seit 1969 Marktgemeinde im Bezirk Schwaz, liegt am Ende des Zillertals. Hier laufen mehrere Gründe (Quelltäler) zusammen: Zemmgrund, Stilluppgrund, Zillergrund und das Tuxertal. Der Ort besteht aus mehreren Weilern, die durch die starke Besiedelung teilweise zusammengewachsen sind: Straß, Hollenzbrücke, Dorf-Haus, Edenlehen, Hochstegen, Rauchenwald, Kumbichl, Dornau, Laubichl, Durst, Hollenzen, Eckartau, Schweinberg und Ginzling. Der Ortsteil Ginzling bildet dabei eine Ausnahme: das Gebiet rechts vom Zemmbach gehört zu Mayrhofen, jenes links vom Zemmbach zu Finkenberg. Ginzling verfügt über einen eigenen Ortsvorsteher und eine eigenständige Verwaltung.
Mayrhofen wird im 12. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort verdankt seinen Namen einem bischöflichen Meierhof, der zu dieser Zeit dort gelegen hat. Bis 1801 war Mayrhofen Teil der Hauptmannschaft Pramberg (Brandberg), von da an war es eine selbständige Hauptmannschaft.
Mayrhofen, das 1858 zur eigenen Pfarre erhoben wurde, verfügte nachweislich seit dem 14. Jahrhundert über eine eigene Kirche. Die gotische Kirche „zu Unserer Lieben Frau“, die zwei Bränden zum Opfer fiel, wurde um 1600 wieder aufgebaut, 1740 vergrößert. 1968/69 wurde sie nach Plänen von Clemens Holzmeister erweitert. 1837 mussten 427 protestantisch gläubige Zillertaler, darunter viele aus Mayrhofen, nach Schlesien auswandern.
Landwirtschaft war lange Zeit die Haupteinnahmequelle des Ortes, im 17. Jahrhundert wurde auch Bergbau betrieben. Ein Nebenerwerbszweig im 19. Jahrhundert war auch das Handwerk der so genannten Steinklauber, die Gewinnung von Mineralien, insbesondere von Granaten, die man verkaufte. Um 1700 gab es in Floite und Gunggl noch die letzten Steinbockreviere Tirols. Das Wild wurde unter den Salzburger Erzbischöfen, die die Jagdrechte für das Gebiet innehatten, insbesondere unter Erzbischof Marcus Sitticus, besonders gepflegt und geschützt. Dennoch wurden die Tiere von Wilderern, die das begehrte Horn der Tiere teuer verkauften, ausgerottet.
Mayrhofen zählt zu den ältesten Fremdenverkehrsorten Tirols. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte es, bekannt für sein besonders mildes Klima, zu den beliebtesten Sommerfrischeorten des Zillertals. 1879 wurde im Zemmgrund die erste Alpenvereinshütte im Zillertal erbaut: die auf 2040 Meter Höhe gelegene Berliner Hütte. Starken Zuwachs erfuhr der Tourismus durch den Bau der Zillertalbahn 1902. Schon vor dem ersten Weltkrieg verfügte Mayrhofen über 10 Gaststätten mit 600 Betten, zudem gab es weitere Nächtigungsmöglichkeiten in vielen Privathäusern. Mit der von Adolf Hitler 1933 angeordneten „Tausend-Mark-Sperre“ ging die Zahl der Nächtigungen stark zurück, nur langsam erholte sich der Ort von diesen Einbußen. Mit dem Bau erster Skilifte seit den 50er Jahren wurde Mayrhofen auch ein renommierter Wintersportort. Es verwundert nicht, dass auch viele Schriftsteller in Mayrhofen Station gemacht haben. So hielt sich der finnische Schriftsteller Juhani Aho 1903 für einige Monate in Mayrhofen auf und verarbeitete seine Eindrücke in der Reiseschilderung Dies und das aus Tirol (Minkä mitäkin Tyrolista) (1908). Im August 1912 bereisten der Autor D. H. Lawrence und seine Partnerin Frieda von Richthofen Tirol und verbrachten einige Wochen in Mayrhofen, ein Aufenthalt, der sich mehrfach literarisch niedergeschlagen hat, unter anderem in Lawrences Romanen Mr. Noon und Women in Love. Erich Kästner erlebte das Kriegsende 1945 in Mayrhofen. Seine zu dieser Zeit verfassten Tagebuchnotizen fiktionalisierte er 1961 in seinem Roman Notabene 45. Robert Musil und seine Frau logierten im Sommer 1934 einige Zeit im Gasthof zur Rose und der Schriftsteller Alfred Polgar verbrachte seinen Urlaub 1953 in Mayrhofen.
Quellenangabe: Köfler, Werner: Kleine Mayrhofner Chronik. Innsbruck: Tiroler Landesarchiv 1973 (Ortschroniken, 3).
Neuner, Alois: Das Zillertal. Ein Wegweiser für jedermann mit acht farbigen Vollbildern. Innsbruck: Universitätsverlag Wagner 1922.
Pfaundler-Spat, Gertrud: Tirol-Lexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Orte des Bundeslandes Tirol. Vollständig überarbeitete und ergänzte Neuauflage. Innsbruck: StudienVerlag 2005.
Pinzer, Beatrix; Pinzer, Egon: Zillertal. Gerlostal. Tuxertal. Innsbruck: Edition Löwenzahn 2001.
Reiter, Martin: Zillertal. Mit Fotos von Lois Hechenblaikner, Ludwig Mallaun, Rudolf Pigneter und Gustav Sonnewend. Innsbruck; Wien: Tyrolia 1991.
Verfasser/in: Iris Kathan
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