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Gnadenwald
Die Gemeinde Gnadenwald (879 m, ca. 750 Einwohner) liegt am Fuß des Bettelwurfes nordwestlich von Hall und gehört dem Bezirk Innsbruck-Land an.
Tiefdunkler Wald mit stillverschwiegenen Pfaden,
Von ferne klingt ein Felsenwasserfall,
Das ist ein Wald, ein Wald so voller Gnaden,
Du findest Glück und Frieden überall.
Darüber starren lichtgebleichte Schroffen,
Heiß überströmt vom Sommersonnenbann,
Unendlich glänzt der blaue Himmel offen
Und staunend siehst du, was der Herrgott kann.
Anton Renk (Metzler, Josef: Gnadenwald. 1957. Seite 7)
Fährt man die Salzbergstraße von Hall ausgehend in Richtung Halltal bis zu der Stelle, wo sich der Weg kreuzt, dann weiter nach Osten, kommt man zur Walderkapelle und hat damit die Höhe des Gnadenwalder Plateaus erreicht.
1315 scheint zum ersten Mal eine „Gemain uf dem Wald“ auf, was sich auf einzelne Schwaighöfe des Waldgürtels bezieht. Der „Wald“, wie er bis 1800 genannt wurde, liegt auf einer Moräne aus der späten Eiszeit mit Sand-, Ton-, Kies- und Schotterablagerungen. Die zahlreichen Bäche und Rinnsale, die aus Seitentälern fließen, werfen große Schuttkegel auf und machen aus dem Gnadenwald eine liebliche Hügellandschaft. Rudolf Greinz spricht in diesem Zusammenhang von einer „arkadische(n) Landschaft“. (Greinz, Rudolf: Von Innsbruck nach Kufstein. 1913. S. 47)
Die Gemeinde ist im Westen begrenzt durch Absam, im Osten vom Ortsgebiet Terfens. Sie erstreckt sich vom Ursenbach, der im unteren Flusslauf auch Bärenbach heißt, bis zum Marbach im Westen. Einzelfunde belegen eine frühe, vorgeschichtliche Besiedlung. Das Gebiet umfasst die Ortschaften Innerwald und Außerwald sowie die Hinterhornalm. Der Gnadenwald war früher nur sehr dünn besiedelt. Hier und da befanden sich Bauernhöfe, die aber weitab der Straße lagen. Erst in den letzten Jahren ist mit der immer stärker einsetzenden Erschließung auch die Bevölkerungszahl stetig im Wachstum begriffen. Der Name Gnadenwald ist seit dem 17. Jahrhundert belegt. Einer der Einsiedler von St. Martin, der Benefiziat Georg Weiß, notiert ihn am 7. März 1680 ins Matrikelbuch: ad S. Martinum in sylva gratiae. (Metzler, Josef: Gnadenwald. 1957. S. 14).
Kurze Zeit spielte der Wald auch als Wallfahrtsort eine Rolle (Maria Larch im Larchtal), wurde aber von Absam abgelöst. Als eine der drei wichtigsten Sommerfrischen der Biedermeierzeit – neben Natters und dem Zillertal - war der Gnadenwald nicht unbedeutend: die Hotels Wiesenhof und Gnadenwalderhof empfingen die Gäste mit bescheidenem Komfort. Unter den Sommerfrischlern finden wir auch Adolf Pichler und Ignaz Vinzenz Zingerle.
Seit 1947 ist der Gnadenwald eine eigene Pfarre. Die beiden Kirchen der Gemeinde werden beide 1337 erstmals urkundlich erwähnt. In der Ortschaft Außerwald steht die Kirche St. Martin in Gnadenwald, die auf ein Jagdhaus mit Kapelle (dem Hl. Martin geweiht) aus dem 11. Jahrhundert zurückgeht. 1445 entstehen hier eine Einsiedelei und ein kleines Kloster, das 1520 abbrennt und erst 100 Jahre später wieder aufgebaut wird. Im 18. Jahrhundert wird die Kirche barockisiert. In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden im Zuge von Renovierungsarbeiten in der Apsis Deckenfresken aus dem 16. Jahrhundert freigelegt.
Die zweite Kirche der Gemeinde, St. Michael, gehört zur Ortschaft Innerwald. Das Äußere hat den gotischen Charakter beibehalten, innen wurde sie im Stil des Rokoko umgestaltet.
Hier stand auch die Wiege eines berühmten Sohnes Tirols: Josef Speckbacher erblickte 1767 im Haus Nr. 16, in einem der zwei so genannten Speckhöfe (nach dem ehemaligen Besitzer) in der Ortschaft Außerwald, das Licht der Welt. Das Gebäude wurde 1959 wegen Baufälligkeit leider abgerissen. Später errichtete man an der Stelle eine Gedächtniskapelle für den Freiheitshelden, der zunächst in Hall begraben, dann aber in die Hofkirche nach Innsbruck überstellt wurde.
Das beliebte Gasthaus zum Speckbacher war früher unter dem Namen „Koandlwirt“ bekannt. An seiner Fassade befindet sich das Bildnis Speckbachers vom Tiroler Maler Georg Anton Köck.
Quellenangabe: Fuchs, Maria: Der Gnadenwald. Eine länderkundliche Untersuchung. (Diss.). Universität Innsbruck: 1940.
Greinz, Rudolf: Von Innsbruck nach Kufstein. Eine Wanderung durch das Unterinnthal. Stuttgart-Leipzig: Deutsche Verlags-Anstalt 1913.
Metzler, Josef: Gnadenwald. Volkstum und Geschichte einer Tiroler Berggemeinde. In. Schlern Schriften. R. Klebelsberg (Hrsg.). Innsbruck: Universitätsverlag Wagner 1957.
Pfaundler-Spat, Gertrud: Tirol-Lexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Orte des Bundeslandes Tirol. Vollständig überarbeitete und ergänzte Neuauflage Innsbruck-Wien: Studien-Verlag 2005.
Verfasser/in: Jennifer Moritz
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