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Kufstein
Kufstein (503m, 15.358 Einwohner), Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks und die zweitgrößte Stadt des Bundeslandes Tirol, liegt rechts des Inn vor dem Bergmassiv des Wilden und Zahmen Kaisers.
Die „Perle Tirols“, wie Kufstein im Volkslied besungen wird, liegt im ältesten Siedlungsgebiet Tirols. Funde in der Tischofer Höhle im Kaisertal belegen eine Siedlungsgeschichte, die 30.000 Jahre zurückreicht. Auf dem Thierberg finden sich Spuren einer Römerstraße. Die erste urkundliche Erwähnung finden 788 die Vituskirche in „Caofstein“ und ein Klösterchen bei Zell.
Im 10. Jahrhundert gehört Kufstein zum Bezirk der Rapotonen, später zum Fürstbischoftum Regensburg. Um 1200 entsteht die Burg rechts des Inn. 1329 fällt Kufstein, das bereits seit 1310 die Privilegien eines Markts besitzt, mit der Feste an Kaiser Ludwig von Bayern. Kufstein ist Hauptort der Landgrafschaft im Inntal, die bis zur Zillermündung reichte. Die Burg hatte vor allem militärische Bedeutung, da Kufstein an einer Innbrücke lag, die aller Wahrscheinlichkeit nach als Nachfolgerin der römischen Pons Aeni – an der Römerstraße zwischen Rattenberg-Kufstein nach Veldidena-Wilten gelegen - anzusehen ist.
An Tirol kommt Kufstein erstmals durch Heirat im Jahre 1342. 1362 treten die Habsburger die Herrschaft an, schließlich fällt es wieder in bayerische Hände. 1393 verleiht Herzog Stefan III. von Niederbayern Kufstein gleichzeitig mit Rattenberg das Stadtrecht. Immer wieder kommt es zu Grenzstreitigkeiten zwischen den Bayern und den Tirolern: Maximilian I. setzt sich im Spanisch-Pfälzischen Erbfolgekrieg gegen den Pfalzgrafen Rupprecht durch und spricht sich auf dem Reichstag von Köln im Jahre 1505 selbst das Gebiet zu. Zuvor hatte er die Festung mit schwerem Geschütz beschießen lassen, was eine totale Zerstörung der mittelalterlichen Burganlage zur Folge hatte. Der von den Bayern abgestellte Burgpfleger, Hans von Pienzenau, hatte bis zuletzt an die Uneinnehmbarkeit der Festung geglaubt und sich über den Aggressor Maximilian belustigt. Das bezahlte er allerdings mit seinem Leben: Maximilian ließ alle hinrichten, die Widerstand geleistet hatten. Der Wiederaufbau der Burg dauerte von 1505 bis 1522. Unter anderem kam der gewaltige Kaiserturm mit seinen 5-7 m dicken Mauern hinzu; er nahm die Stelle des Bergfrieds ein. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Burg um die Karoli- und Elisabethbastei und die Josefsburg sowie die Bauteile der Südpartie mit dem gedeckten Aufgang und den verschiedenen Toren und Wällen erweitert. Im Kaiserturm saßen im 18. und 19. Jh. zahlreiche Verbrecher und politische Gefangene wie die Vorkämpferin der Französischen Revolution Théroigne de Méricourt und der ungarische Räuberhauptmann Sandor Rozsa. Im Bürgerturm befindet sich die größte Freiorgel der Welt, die so genannte Heldenorgel aus dem Jahre 1931, mit 4307 Pfeifen und 46 Registern, die jeden Tag weit hörbar zum Gedenken der Gefallenen des Ersten Weltkriegs ertönt. 1882 wird die alte Festungsanlage endgültig aufgelassen und mit ihr auch die alten Stadtbegrenzungen, von denen nur noch Reste aus dem 16. und 17. Jahrhundert erhalten sind. 1923 geht die Burg in das Eigentum der Stadt Kufstein über. Das Stadtbild wird heute wie damals von dem imposanten Bauwerk dominiert. Am Fuße des Burghügels steht die spätgotische Pfarrkirche, die allerdings barockisiert wurde. Ursprünglich war die St. Martins Kirche von Zell die Pfarrkirche Kufsteins gewesen.
Im Spanischen Erbfolgekrieg im 18. Jahrhundert büßte die Stadt ihr mittelalterliches Stadtbild ein. Auch der Tiroler Freiheitskrieg 1809 blieb nicht ohne Folgen für die Bausubstanz; es kam zu schweren Beschädigungen an zahlreichen Gebäuden. Während der Napoleonischen Ära ist die Stadt wieder bayerisch, kommt erst 1814 endgültig an Österreich. Viel ist nicht mehr übrig vom alten mittelalterlichen Kern, der ja nur aus zwei Häuserzeilen und 2 Toren im Norden und Westen bestand. Stadtmauerreste finden sich noch nördlich und südlich der Brücke in Form von zwei Halbtürmen. Der nördlich des Burgberges angelegte Stadtkern ergibt sich aus der Verlängerung der Brücke.
Heute ist Kufstein eine moderne Stadt, die sich ein gewisses mittelalterliches Flair erhalten konnte. Grenzort zwischen Tirol und Bayern ist es freilich immer noch, auch wenn die Grenzen mittlerweile gefallen sind.
Quellenangabe: Greinz, Rudolf: Von Innsbruck nach Kufstein. Eine Wanderung durch das Unterinnthal. Stuttgart-Leipzig: Deutsche Verlags-Anstalt 1913.
Hye, Franz-Heinz: Kufstein – Grenzfestung an der Innbrück. In: Vogel, Dieter (Hrsg.): Der Inn. Landschaften und Städte. Vilsbiburg: Kiebitz Buch, 2001.
Riegler, Johann: Kufstein. Der Bezirk in alten Ansichtskarten. Wien: Verlag Carl Ueberreuter 2006.
Pfaundler-Spat, Gertrud: Tirol-Lexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Ort des Bundeslandes Tirol. Vollständig überarbeitete und ergänzte Neuauflage. Innsbruck: Studien Verlag 2005.
Vierlinger, Rudolf: Dem Inn entlang. Der große Fluss der Alpen vom Ursprung bis zur Mündung in
Wort und Bild. Simbach am Inn: Verlag Rudolf Vierlinger 1987.
Weingartner, Josef. Hörmann-Weingartner, Magdalena: Die Burgen Tirols. Ein Burgenführer durch Nord-, Ost- und Südtirol. 3. Auflage. Innsbruck-Wien-München: Tyrolia-Verlag 1981.
Verfasser/in: Jennifer Moritz
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