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Längenfeld
Längenfeld erstreckt sich über die dritte und mit ihren 8 Kilometern längste sowie flachste Talstufe des Ötztals.
Die Gemeinde umfasst neben dem Hauptort 22 verstreute Siedlungen. Zu Längenfeld gehört auch das Sulztal, in dem das Dorf Gries liegt. Gegenüber von Huben liegt 250 m über dem Talboden Burgstein. Vermutlich befand sich auf dem Burgsteinplateau die erste Siedlung, man fand hier einen urzeitlichen Schalenstein. Am Talboden lag bis zum 10. Jahrhundert ein nur langsam versiegender See. Eine Besiedlung vollzog sich deshalb erst ab dem 9. und 10. Jahrhundert. Mitte des 13. Jahrhunderts besaßen die Herren von Montalban aus dem Vinschgau in Längenfeld einige Güter. In diesem Zusammenhang wird Längenfeld (Leginvelt) erstmals urkundlich erwähnt. Ende des 13. Jahrhunderts sind viele Güter Graf Meinhard II. zinspflichtig. Im Haupttal siedelten vor allem freie Bauern. Immer wieder verwüsteten Muren, Lawinen, Felsstürze Längenfeld, löschten Höfe und Weiler aus und kosteten Menschen das Leben. Neben der Viehzucht war vom 14. bis Mitte des 20. Jahrhunderts der Anbau von Flachs wie seine Verarbeitung die wichtigste Einnahmequelle der Bevölkerung. Im 19. Jahrhundert wurde das Ötztal touristisch erschlossen. Eine Voraussetzung dafür war die Eröffnung der Arlbergbahn 1883. Ab 1926 führte eine Omnibuslinie ins Tal. Heute lebt Längenfeld vor allem vom Fremdenverkehr.
Früh erkannte man im Ötztal die wohltuende Wirkung der hier vorkommenden Schwefelquellen. Nachdem in Längenfeld 1875 ein einfaches Bauernbad abgebrannt war, eröffnete man 1893 eine Kur- und Badeanstalt, die sich um die Jahrhundertwende großer Beliebtheit erfreute. Auch Schriftsteller wie Christian Morgenstern und Joachim Ringelnatz verkehrten in dem Kurhotel. In den 70er Jahren versiegte die Quelle infolge der Grundwasserregulierung, das traditionsreiche Kurbad wurde 1980 schließlich abgerissen. 1998 wurde die Schwefelquelle durch Tiefenbohrungen neu erschlossen, 2004 errichtete man unweit vom historischen Kurbad das Thermen und Hotelzentrum Aqua Dome.
In Unterlängenfeld (Nr. 8a, 8b) erinnert eine Gedenktafel an den „Gletscherpfarrer“ Franz Senn. Senn, 1831 in Längenfeld geboren, war Kurat in Vent und gilt als einer der Pioniere des Fremdenverkehrs im Ötztal. Im Tourismus sah er eine Lösung für die wirtschaftlich prekäre Lage der Bauern. Er war Mitbegründer des Deutschen Alpenvereins, maßgeblich beteiligt am Ausbau des Wegenetzes, an der Errichtung von Schutzhütten und der Entwicklung des Bergführerwesens.
Im Kundlashof bei Astlehn trafen sich Anfang des 20. Jahrhunderts auf Anregung des Weinhändlers und Kunstsammlers Karl Traut, dessen Vater in Längenfeld geboren worden war, Künstler und Schriftsteller vor allem aus Tirol, unter anderem Artur Nikodem, Albin Egger-Lienz, Franz Defregger, Beda Weber, Franz Kranewitter. Traut war Gründungsmitglied der Südtiroler Zeitschrift Der Schlern, lebte von 1895 bis 1912 in Innsbruck und hatte Kontakte zu Vertretern des Brenner-Kreises, unter anderem zu Arthur von Wallpach, Carl Dallago, Karl Röck. Albin Egger-Lienz, der die Stube des Kundlashofes 1921 zeichnete, verbrachte die Sommermonate häufig in Längenfeld, wo viele seiner Bilder entstanden sind. Am Gasthaus „Rose“, wo er regelmäßig abstieg, brachte man 1966 einen Gedenkstein für ihn an.
1983 und 1984 zog die Zukunftswerkstätte „Kraftfeld Längenfeld“ erneut Schreiber und Denker in das Dorf, u.a. Erich Fried, Hans Pestalozzi, Hugo Kükelhaus, Ossip Flechtheim, Frederic Vester, Roland Girtler. Das Ötztal – als Grenzland – ist bis heute Ort künstlerischer Auseinandersetzung. 1972 bildete sich die Kulturinitiative „Pro Vita Alpina“, die verschiedenste regionale wie grenzüberschreitende Projekte anregt und organisiert. Seit 1995 gibt es in Längenfeld außerdem die künstlerische Denkwerkstatt „Freistaat Burgstein“. Jährlich treffen sich hier Künstler und Künstlerinnen aus ganz Europa, um zu bestimmten Schwerpunktthemen zusammenzuarbeiten. Häufig eine Auseinandersetzung auch mit vor Ort Vorgefundenem.
Ein Paarhof samt Getreidespeicher bilden den Mittelpunkt des 1968 eröffneten Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseums. 2005 wurde das benachbarte „Schmiedlas Haus“ erworben, restauriert und für das Projekt „Gedächtnisspeicher Ötztal“ adaptiert.
Aus Längenfeld stammen der Volkskundler und Schriftsteller Hans Haid (1938), (Mit)-Begründer des Internationalen Dialektinstituts (1976), der Arge Region Kultur (1985) und von Pro Vita Alpina International (1989) sowie der Mundartdichter Hubert Brenn (1947).
Quellenangabe: Fremdenverkehrsverband Längenfeld (Hrsg.): Bad Längenfeld. 1180 m. Höhenluftkurort, Schwefelbad. An der Timmelsjoch- Hochalpenstraße im Oetztal, Tirol. Längenfeld 1965.
Haid, Hans [Hrsg.]: Lesebuch Ötztaler Alpen. Reiseberichte, Poesie, Lieder und Oper; von Gletschern und Fernersee-Ausbrüchen, von den Anfängen und der Entwicklung des Alpinismus und des Tourismus, vom Leben und Überleben in den Bergen und von den Wallfahrten, von Heilungen und heiligen Stätten in den Ötztaler Alpen. Innsbruck: Loewenzahn 2002 (Schriftenreihe Ötztal-Archiv, 12).
Jäger, Hans; Heimatmuseum Galerie zum Alten Oetztal (Hrsg.): Über den frühen Tourismus. Ausstellung in der Galerie zum alten Oetztal / Galerie zum Alten Oetztal: Oetz 1989.
Maurer & Prantl OEG „Wildmoos“: Spuren nach Andersland. Vergangene und gegenwärtige künstlerische Grenz-Überschreitungen; eine Zeitreise von Albin Egger-Lienz und Christian Morgenstern bis zur Künstlerischen Denkwerkstatt Freistaat Burgstein. DVD. Eine Produktion des MountainMediaAgency im Auftrag von Ötztaler Filmtagen. Längenfeld: Freistaat Burgstein 2005 (Amtsblatt aus dem Freistaat Burgstein, 34).
Pfaundler-Spat, Gertrud: Tirol-Lexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Orte des Bundeslandes Tirol. Vollständig überarbeitete und ergänzte Neuauflage. Innsbruck: StudienVerlag 2005.
Pinzer, Beatrix; Pinzer, Egon: Ötztal. Landschaft, Kultur, Erholungsraum. 2., überarb. und aktualisierte Neuaufl. Innsbruck: Löwenzahn 2008.
http://www.hotel-hirschen.com/fileadmin/Downloads/Zeitblatt%20fu%CC%88r%20Web.pdf
Verfasser/in: Iris Kathan
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