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Michaela Wrann(auch Michele Wrann, Margarethe Michaela Schön-Wrann) Geb. 25.01.1905 in Villach; gest. 16.05.1996 in Konstanz/Bodensee.
Kindheit in Pöchlarn, Besuch der Handelsschule, erste Gedichtveröffentlichung 1923 im St. Pöltener Tagesblatt, Arbeit als Kontoristin u.a. in Konstanz.
1926 erschien ihr erster Lyrikband Jugendklänge, 1932 Abendmatura in Klosterneuburg, Studium der Chemie in Innsbruck, wo sie als Assistentin am Medizinisch-Chemischen Institut der Universität tätig war. 1938 Promotion und Heirat; während des Zweiten Weltkriegs unterrichtete sie Chemie in der Nationalsozialistischen Erziehungsanstalt Traiskirchen; 1945 flüchtete sie mit ihren beiden Kindern nach Vorarlberg; 1946 bis 1949 war sie in Vorarlberg als Chemikerin tätig, später als Sekräterin in einem Textilwerk in der Nähe von Innsbruck, wo sie seit 1949 lebte. 1957 heiratete sie Karl Maria Schön.
Seit 1965 war sie im Ruhestand und widmete sich überwiegend dem Schreiben, 1966 wurde sie Mitglied im Turmbund. Die letzten Lebensjahre verbrachte sie bei der Familie ihres Sohnes am Bodensee.
Sie schrieb zahlreiche Stücke, u. a. in den 60er Jahren: Blondel; Der unbequeme Flüchtling; Alle Vögel dieser Welt; 1971: Die gelbe Seidenjacke; 1974: Schwarze Vögel; Notlandung; 1975: Zwielicht; 1975: Ein aktuter Fall (Fernsehstück). Zu ihren Werken zählen auch Hörspiele, u.a. Blinde Fenster, Schwarze Vögel, Die Todesflöte, Die verlorene Liebe, Leben unter Schatten, Zwielicht.
Ein unveröffentlichtes Romanmanuskript Sunna, das die Lebensgeschichte einer Frau nacherzählt, sowie zahlreiche unveröffentlichte Erzählungen und Gedichte befinden sich im Nachlass Michele Wranns, der von Frau Dr. Margit Schneider verwaltet wird.
Michele Wrann hatte ein besonderes Nahverhältnis zur Bildenden Kunst und war u.a. mit den Künstlern Karl Häupl, Lotte Sterzinger, Ernst Pilser, Franz Lettner befreundet. Sie hielt etliche Vorträge, u.a. Die Berufung zur Kunst (1970), Natur und Kunst(1971), Die ewige Kunst (1973). In Zusammenhang mit den Ausstellungen fanden zahlreiche Lesungen statt, u.a. von Karl Häupl, dem sie sich besonders verbunden fühlte, da auch er - wie Michele Wrann - von der nordischen Landschaft fasziniert war und mehrmals in Lappland weilte. Zur Ausstellung von Karl Häupl Bilder - Mittel - Untertitel (1969) las sie in der Sieberer-Galerie, auch zu einem Farblichtbildervortrag im Zentrum 107 Zeitreise nach Lappland und ebenso 1969 Die Insel zur Ausstellung von Ernst Pilser Nordische Aquarelle.
Zahlreiche Texte von Michele Wrann wurden im Rundfunk gelesen, u.a. Iwan (1978), Griechischer Stacheldraht (1979), Die verschlüsselte Stadt (1981), Das rote Haus (1983), Laotse in Rom (1985), Um das Herz ein Dornengestrüpp (Lyrik). (Quelle: Margit Schneider, Tiroler Heimatblätter, 2000) Freundschaftlich verbunden war sie auch mit Anni Kraus, zu deren 70. Geburtstag sie 1967 einen Vortrag hielt.
Michele Wrann hatte bereits das sechzigste Lebensjahr überschritten, als sie immer wieder für mehrere Wochen oder Monate in den Norden reiste, nach Lappland, nach Norwegen und Schweden, vor allem nach Rörö, einer nahezu menschenleeren Insel, wo sie allein eine winzige Hütte am Meer bewohnte.
"Das, was ich bin,
riecht nach Fischen und Tang,
hat Sand in den Schuhen,
Salz in den Haaren
und nach alter Gewohnheit
den Stift in der Tasche.
Das, was ich bin,
schwingt über den Möwen,
stürmt vor allen Stürmen,
schlägt Feuer aus Steinen
und in zeltlosen Nächten
die Glut aus dem Schweigen.
Das, was ich bin,
riecht nach Fischen und Tang,
hat Sand in den Schuhen,
Salz in den Haaren
und im Herzen das Wissen
der Mittsommernacht."
Viele ihrer dort entstandenen Gedichte handeln vom Leben inmitten der herben, manchmal bedrohlichen aber immer geliebten Natur des Nordens aus. Das Meer, die Tiere, Gestirn und Wind, das Licht, der Vogel, das Boot und die Fische gehören zu den wiederkehrenden Motiven der Gedichte, die sie in äußerster Einsamkeit ihres Insel-Daseins schrieb. Seltener als in anderen früheren Texten und Erzählungen drängen sich religiöse oder ethische Fragen in die Texte, denn die Natur offenbart sich als das Ewige, das Überdauernde - in Einklang und in innere Verbindung damit gebracht, genügt sich das Ich, verzichtet auf Rationalität, auf die schützenden Gewölbe von Glaubenssystemen. "Ich werde die Lieder der Insel singen / wie die gotischen Dome / die Lieder des Glaubens singen".
Es war zu Lebzeiten bezeichnend für Michele Wrann, dass sie sich wenig um öffentliche Geltung im literarischen Betrieb gekümmert hat, vielleicht deshalb, weil sie sehr spät - erst in den sechziger Jahren wieder begonnen hat da und dort - meist im Umfeld des Turmbundes - zaghaft zu veröffentlichen und ihre Texte vorzulesen. Ihr erster Gedichtband Jugendklänge erschien 1926, die Autorin ist noch keine zwanzig Jahre alt. Ihr Gedichtband Lahol, der Titel ist das lappländische Wort für die Vogelart Regenpfeifer, erschien 1973, als Michele Wrann fast siebzig Jahre alt war.
- Jugendklänge. Gedichte. Konstanz: Reuß & Itta 1926
- Lahol. Gedichte aus Lappland und andere Gedichte. Darmstadt: Bläschke 1973, 71 S.
- Was mußte nicht alles geschehen. Gedichte. Innsbruck: Der Turmbund 1975 (Kleine Reihe), [12] S.
- Smirran und Lina. Die Geschichte zweier Füchse. Zeichnungen von Ellen Thaler. Innsbruck: Wort und Welt 1977, 45 S. (Info)
- Zum Beispiel ein Gärtner. Eine Erzählung. Innsbruck: Der Turmbund 1978 (Kleine Reihe), [24] S.
- Zwielicht. Hörspiele. Wels: Kellner & Plieseis 1979 (Turm-Texte 1), 72 S.
- Iwan. (Aus den Erinnerungen eines Arztes). Innsbruck: Der Turmbund 1980 (Kleine Reihe), [10] S.
- Wege ins Licht. Die Erzählungen "Iwan", "Maximilian", "Heimkehr am Weihnachtsabend". Innsbruck: Steiger 1983, 51 S.
- Wir in alle Ewigkeit. Gedichte. Innsbruck: Der Turmbund 1986 (Kleine Reihe), 12 S.
- Das Boot. Einakter. Innsbruck 1973
- Zeitgetriebe. Szenen und Collagen von Michele Wrann, Irina Zaharescu und Hans Berger. UA: Studiobühne der Universität Innsbruck. Innsbruck 1984
- Bernstein im Sand. Regie: Hermann Brix. ORF Tirol. 18.05.1966
- Das fremde Herz. Lesung bei der Ausstellung "Artur Nikodem (1870 - 1940)". Keller-Galerie der Sieberer-Schule. 09.12.1969
- Glück muß man haben, Herr Mendel!. Regie: Franz Hölbing. ORF Tirol. 31.10.1976 (Info)
- [Gedichte]. In: Wort im Gebirge. Jg./Nr. 11, 1968, S. 87-92 (Info)
- Die große Landschaft. In: Wort im Gebirge. Jg./Nr. 11, 1968, S. 93-109
- Der Findling. In: Brennpunkte - Schrifttum der Gegenwart 5. Tiroler Erzähler. Hg. Hermann Kuprian. Karlsruhe: Der Karlsruher Bote [1970] , S. 99-107
- Das Wort UND - groß geschrieben [Gedicht]. In: Brennpunkte - Schrifttum der Gegenwart 7. Zur spirituellen Poesie. Hg. Hermann Kuprian. Wien: Österreichische Verlagsanstalt 1971, S. 112
- Irisblüten; Begegnung im Sand (für Thea) [Gedichte]. In: Brennpunkte - Schrifttum der Gegenwart 10. Analysen und Analekten zu Spirituellen Poesie. Hg. Hermann Kuprian. Wien: Österreichische Verlagsanstalt 1973, S. 208-209; 209
- Berufung zur Kunst. In: Schöpferisches Tirol 9. Bekenntnisse. Hg. Hermann Holzmann. Schriftl. und Vorwort: Ambros Mayr. Wien: Österreichische Verlagsanstalt 1973, S. 236-248
- Die Generation vor dem Tode; In der Lichtzeit [Gedichte]. In: Quer. Anthologie deutschsprachiger Lyrik der Gegenwart. Hg. Biberger, Erich Ludwig; Kuprian, Hermann. Kallmünz: Michael Lassleben 1974, S. 371-372; 373
- Im Süden; Flucht nach Lappland. In: Festschrift zum 25jährigen Bestand des Turmbundes, Gesellschaft für Literatur und Kunst, Innsbruck. Hg. Hans Berger. Im Auftrag des Turmbundes. Innsbruck: Der Turmbund [1976] , S. 51, 52-57
- Alle Vögel dieser Welt [Komödie]. In: Schöpferisches Tirol 10. Wirrsal des Lebens (3 Schaupiele). Hg. Hans Berger. 1977, S. 205-285
- 1971 Ödon von Horvath Preis für Dramatik [für "Die gelbe Seidenjacke"].
- 1978 Preis der Landeshauptstadt Innsbruck für künstlerisches Schaffen. (Info)
Sekundärliteratur (Auswahl)
- Kurzbiographie und Werksverzeichnis. In: Schöpferisches Tirol 9. Bekenntnisse. Hg. Hermann Holzmann. Schriftl. und Vorwort: Ambros Mayr. Wien: Österreichische Verlagsanstalt 1973, S. 235
- Niederle, Helmuth A.: [Besprechung zum Gedichtband Lahol]. In: Literatur und Kritik. Österreichische Monatsschrift. Salzburg: Otto Müller Jg./Nr. 102, 1976, S. 122-123
- Michaela Wrann. In: Österreichische Dramatiker der Gegenwart. Kreativ-Lexikon. Hg. Wilhelm Bortenschlager. Wien: Österreichische Verlagsanstalt 1976, S. 640
- Michele Wrann. Kurzbiographie; Besprechung; Dramatik. In: Wilhelm Bortenschlager: Brennpunkte - Schrifttum der Gegenwart 14. Geschichte der Spirituellen Poesie. Hg. Herman Kuprian. St. Michael: Bläschke [1977] , S. 168-171; 250-252
- In: Wimmer, Paul: Wegweiser durch die Literatur Tirols seit 1945. Darmstadt: Bläschke 1978 (Brennpunkte 15, Hg. Hermann Kuprian), S. 94-98
- Die Hörspielautorinnen Michele Wrann, Anna Theresia Sprenger, Irina Zaharescu, Vera von Grimm. In: Bortenschlager, Wilhelm: Tiroler Drama und Dramatiker im 20. Jahrhundert. St. Michael: Bläschke 1982 (Brennpunkte 17; Hg. Hermann Kuprian), S. 151-161
- Schneider, Margit: Die Dichterin Michele Wrann. Dr. Margarethe Schön-Wrann - eine Frau mit vielen Gesichtern. In: Tiroler Heimatblätter. Jg./Nr. 2, 2000, S. 133-138
- Margit Schneider, Hunoldstraße, Innsbruck.
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