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Seefeld
Viele Reisende näherten sich Innsbruck früher über das Karwendelgebirge. Schilderungen der Reise über den Seefelder-Sattel finden sich in unzähligen Reisebeschreibungen und ihren künstlerischen Bearbeitungen: so etwa bei Michel de Montaigne, Johann Wolfgang von Goethe, Hans Christian Andersen, François Maximilien Misson oder Albrecht Dürer.
Ursprünglich war das zwischen Scharnitz und Zirl gelegene Plateau am Seefelder Sattel ein nur wenig besiedeltes Seengebiet. Bereits zur Römerzeit allerdings führte über diesen Sattel die Via Claudia Augusta, die nach Augsburg führte. Der Name Seefeld wird 1022 erstmals urkundlich erwähnt. 1180 überließ Graf Berchtold von Andechs dem Kloster Benediktbeuern ein Stück Land. Die Geistlichen ließen das Land roden und von Bauern besiedeln. 1248 ließen die Grafen von Andechs im Norden der so entstandenen Siedlung die Burg am Schlossberg errichten, um so den Verkehr über den Seefelder Sattel zu sichern. Als sich 1384 in der Kapelle St. Oswald das so genannte Hostienwunder zutrug, entwickelte sich Seefeld schnell zu einem viel bereisten Wallfahrtsort.
Der Legende nach soll der mächtige und reiche Ritter Oswald Milser, der als Pfleger auf der Burg Schlossberg ansässig war, am Gründonnerstag des Jahres 1384 die Heilige Kommunion in Form einer großen Hostie, wie sie normalerweise nur den Priestern zusteht, verlangt haben. Nachdem der Pfarrer ihm die gewünschte Hostie reichte, soll plötzlich der Boden unter Oswalds Füßen nachgegeben haben und er darin versunken sein. Selbst der Altar, an dem er sich zu halten suchte, bot ihm keinen Halt und gab seinem Griff nach, der einen Abdruck im Stein hinterließ. Erst als der Pfarrer die Hostie wieder aus Oswald Milsers Mund nahm, schloss sich der Untergrund. Die Hostie, an der sich Spuren von Blut befunden haben sollen, man spricht daher im Volksmund auch vom "Heiligen Blut" in Seefeld, wurde in einer von Ritter Parzival II. von Weineck gestifteten Reliquienmonstranz aufbewahrt, ging aber 1919 verloren. Die schöne Monstranz aber kann man noch besichtigen. Oswald Milser tat zwei Jahre Buße im Kloster Stams, wo er auch in der Heiligblutkapelle begraben liegt.
Da der Andrang der Pilger sehr groß war, wurde unter Herzog Friedrich IV. eine neue Kirche gebaut, von dem alten Kirchenbau blieb lediglich die Altarmensa erhalten. Die St. Oswald-Kirche zählt heute zu den schönsten spätgotischen Kirchen Tirols. Im Chor kann man auf einem Tafelbild von 1502 die Darstellung des Hostienwunders bewundern, die erhalten gebliebene Steinmensa vor dem Hochaltar, an dem sich das Wunder begeben haben soll, stammt der Legende nach aus vorchristlicher Zeit. Als Wahrzeichen Seefelds gilt allerdings nicht die St. Oswald-Kirche, sondern das kleine Seekirchlein. Ursprünglich stand es auf einer Felsinsel in einem künstlichen See, den Erzherzog Sigmund der Münzreiche im 15. Jahrhundert für die Fischzucht anlegen ließ. Der See wurde 1808 trockengelegt. 1586 überließ Erzherzog Ferdinand II. den Schlossbergbesitz der Kirche St. Oswald. Ein Kloster, mit dessen Bau 1516 unter Kaiser Maximilian begonnen worden war, wurde 1604 unter Erzherzog Maximilian fertig gestellt und Augustinern überlassen. Diese betrieben eine Bierbrauerei, Forstarbeiten und ein Hospiz für Reisende, was den Wohlstand der Gegend vermehrte. Unter Kaiser Joseph II. wurde das Kloster 1785 aufgelöst, die Bewohner von Seefeld waren nun gezwungen als Steinölverkäufer, Forstarbeiter oder Hirten in die Fremde zu gehen. Erst mit dem Bau der Karwendelbahn 1912 veränderte sich die wirtschaftliche Situation Seefelds zunehmend. Mit wachsendem Tourismus verlor das Dorf jedoch seinen ursprünglichen Charakter. 1945 starben in der Gegend von Seefeld 87 Häftlinge des KZ Dachau auf dem Todesmarsch von Dachau nach Tirol. Ein jüdischer Friedhof, 1947 angelegt, wurde später erweitert. Auf ihm liegen die Autorin Lilly von Sauter und der Schriftsteller Julius Kiener begraben. Julius Kiener, Herausgeber der Kur- und Reisezeitung Seefeld Tirol, Initiator des Seefelder Kreises, pflegte regelmäßige Kontakte zu regionalen und internationalen Künstlern, die so nach Seefeld kamen.
Quellenangabe: Bader, Meinrad: Seefeld und seine Wallfahrtsstätten. Innsbruck 1909.
Gritsch, Johanna: Seefeld, Tirol. 8., veränderte Aufl. Regensburg: Schnell & Steiner 1995 (Kleine Kunstführer, 727).
Pfaundler-Spat, Gertrud: Tirollexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Orte des Bundeslandes Tirol. Innsbruck: StudienVerlag 2005.
http://www.geschichte-tirol.com/ortsgeschichte/innsbruck-land/seefeld-481.htm
Verfasser/in: Iris Kathan
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