Als Hermann Broch im September 1935 nach Mösern zieht, ist der Tourismus vor Ort durch die 1000-Mark-Sperre nahezu völlig eingebrochen. Die Preise – viele Bauern vermieten als Zuverdienst Zimmer unter – sind niedrig. Broch, der sich zu diesem Zeitpunkt in einer finanziell prekären Situation befindet, kann hier also relativ günstig leben. Wichtiger noch: Er ist, vor allem in der Nebensaison, weitgehend ungestört. Unterkunft findet er im Haus Klotz, das, erhaben am westlichen Dorfrand liegend, eine weiträumige Aussicht bietet. Aus seinem Arbeitszimmer unter dem Dach kann Broch weit ins obere Inntal blicken, aber auch auf die schroffen und nahen Gipfel des Mieminger- und des Karwendelgebirges. Für Broch ist der Arbeitsort ausgesprochen wichtig, Mösern gilt ihm unter den österreichischen Rückzugsorten als Ideal. Anderen Tiroler Ortschaften hat Broch – abgesehen von Wenns („ein ausgesprochener Arbeitsaufenthalt“) – nur wenig abzugewinnen: Nauders gefällt ihm zwar landschaftlich, verfüge aber über miserable Unterkünfte, das Stubaital vermag ihn nicht zu begeistern, es sei nicht billig, hingegen höchst nazisch und auch in Igls habe er sich nicht wohl gefühlt.
Während seiner Zeit in Mösern arbeitet Broch an der ersten Fassung seines „Bergromans“, die er Anfang 1936 abschließt. Noch im selben Monat beginnt er mit der Arbeit an einer zweiten Fassung, bricht damit jedoch 1937 vollends ab. Erst 1950 nimmt er auf Wunsch des amerikanischen Verlegers Alfred A. Knopf das Projekt wieder auf und beginnt mit einer dritten Fassung des Romans, die, wie auch schon die letzte, fragmentarisch und Entwurf bleibt.
Broch arbeitet bis an die Grenzen der Erschöpfung, ist getrieben von dem Bewusstsein eines inneren wie gesellschaftlichen Auftrags. Gleichzeitig zweifelt er zunehmend an der Sinnhaftigkeit dieser Arbeit, die ihm angesichts des drohenden Weltkrieges fragwürdig, sogar unmoralisch erscheint. Das Ringen mit der literarischen Arbeit ist mit der Entscheidung für Rückzug und Einsamkeit verbunden. Das Bedürfnis nach Einsamkeit kehrt in Brochs Briefen aus jener Zeit leitmotivisch wieder. Mösern ist ihm Insel und Unterwasserwelt, dämpft die Störgeräusche von außen. Zudem möchte er im Ländlichen sein, das Schauplatz seines Romans ist. Er möchte einen „Berg-“ oder auch „Bauernroman“ schreiben, will am Ort des Geschehens sein, im Gebirge, und möglichst dort, wo er nicht dieselben Leute trifft wie in der Stadt, also nicht in den klassischen Tourismus- und Sommerfrischeorten. Im Gegensatz zur urbanen, bürgerlichen Welt – in der das Leben nur mehr fragmentarisch, als Stückwerk und gebrochen erfahrbar ist – verspricht Broch die ländliche Gemeinschaft eine Form von Totalität und auch Überschaubarkeit, die er für sein Projekt, einen „religiösen Roman“ schreiben zu wollen, braucht. Den Ich-Erzähler des "Bergromans" – einen alternden Arzt – treiben Überdruss und Ekel aus der Stadt. Er flüchtet die städtische Ordnung, repräsentiert auch durch die Wissenschaft, die verinnerlichte Massenabfertigung und Industrialisierung des Lebens, sehnt sich nach der vermeintlichen "Unordnung des Unmittelbaren“ im dörflichen Leben, nach der ländlichen Ordnung, die das Zyklische kennt, das Eingebundensein in das Unendliche durch die Erfahrung des Kreislaufes von Geburt und Tod, die eine andere Form der Erkenntnis verspricht. Die Landschaft spielt eine große Rolle in Brochs Roman – bildet nicht lediglich Rahmen oder Kulisse, sondern ist selbst Teil des Geschehens, Mitspieler. Manchmal verschwimmen die Grenzen zwischen Erzähler und erfahrener Wirklichkeit, ist das Subjekt Teil der es umgebenden Natur und umgekehrt, vollzieht sich ein Ineinanderwirken von äußerer und innerer Wirklichkeit. Während dem Ich-Erzähler die Naturlandschaft als quasi sakraler Raum erscheint, der Trost und Frieden spendet, erlauben es die Abgeschlossenheit und Überschaubarkeit des Handlungsortes dem Autor die Folgen des religiösen Wertezerfalls im Mikrokosmischen darzustellen. Nicht zuletzt versucht Broch Motive des ideologisch so besetzten Genre des Bauern- und Heimatromans bloßzulegen.
Mösern bildet nicht das Vorbild der Roman-Landschaft. Broch hat sich bei seiner Zeichnung des Dorfes Kuppron dezidiert darum bemüht, jede mögliche Lokalisierung zu vermeiden. Er hat ein Kunstdorf und eine Kunstlandschaft geschaffen, ein aus verschiedenen Landschaften zusammengefügtes idealtypisches Dorf. Um mögliche Lokalisierungen zu vermeiden, lässt er auch die Bauern in seinem Roman in einer völlig artifiziellen Sprache sprechen. Brochs Möserer Erfahrungen verdichten sich am ehesten in Atmosphärischem, etwa in der Beschreibung ganz spezifischer Wetter- und Gebirgsstimmungen.
Im Exil gefragt, ob er Heimweh habe, meint Broch: „… noch einmal in seinem Leben wolle er auf einer österreichischen Bergwiese liegen, das sei das einzige, was ihn mit der Heimat verbinde“. Den „Bergroman“, an dem er zunehmend zweifelt, in den USA fertigzustellen, fällt ihm schwer. Von Alice Loewy-Kahler lässt er sich Bilder von Mösern schicken. Er hofft bei einer geplanten Österreichreise noch einmal das „Lokalkolorit einatmen“ zu können, um den Roman endlich beenden zu können, mit dem er sich so entsetzlich plagt. Die geplante Europareise erlebt Broch nicht mehr. Im März 1951 stellt er sich die Frage, ob er die Arbeit am „Bergroman“ überleben wird. Nur zwei Monate später stirbt er, sein Buchprojekt bleibt unvollendet.

Hermann Broch wird am 1. November 1886 in Wien geboren. Der Vater, Josef Broch, stammt aus der mährischen Stadt Prostějov (Proßnitz), ist Jude und kommt aus ärmlichen Verhältnissen. Er hat in Wien in der Textilbranche Arbeit gefunden und Karriere gemacht, es als Textilgroßhändler zu einigem Vermögen gebracht. Begünstigt wurde dies auch durch die Heirat mit Johanna Schnabel, Tochter eines reichen jüdischen Großhändlers. 1906 übernimmt Josef Broch die Leitung einer Baumwollspinnerei in Teesdorf. Hermann Broch wächst so in materiell behüteten Verhältnissen auf, erlebt dennoch das Verhältnis zur eigenen Familie als problematisch. Es ist ihm von Seiten des Vaters eine kaufmännisch-technische Ausbildung bestimmt. Nach Abschluss der Realschule besucht er von 1904–1906 die Höhere Lehr- und Versuchsanstalt für Textilindustrie, ein Semester belegt er in Wien einige Vorlesungen in Philosophie und Mathematik, unter anderem beim Physiker Ludwig Boltzmann. Von 1906–1907 beendet er seine Ausbildung an der Oberen Spinn- und Webeschule in Mülhausen im Elsass und steigt als Assistenzdirektor im väterlichen Betrieb ein, allerdings ohne dafür ein Entgelt zu beziehen. 1909 Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger, den er nach fünf Monaten aus gesundheitlichen Gründen quittieren muss, und Heirat mit der Zuckerfabrikantentochter Franziska von Rothermann, deshalb Übertritt zur römisch-katholischen Kirche. Am 4. Oktober 1910 Geburt des Sohnes Hermann Friedrich Maria. Beschäftigung mit Kraus und Schopenhauer, mit Loos, Weininger und Nietzsche. Unbehagen an der Kultur, deren Wertezerfall er miterlebt. Hinwendung zu Kants Ethik und Erkenntnistheorie. Erste Veröffentlichungen im Brenner (1913/1914). Im Ersten Weltkrieg übernimmt Broch die Leitung eines in der Spinnfabrik Teesdorf eingerichteten Lazaretts – kommt so unmittelbar mit den Gräueln des Krieges in Kontakt. Die Fabrik profitiert zunächst vom Krieg – Broch erlangt so größere finanzielle Unabhängigkeit. In Wiener Kaffeehäusern, insbesondere dem Café Central und im Café Herrenhof, lernt er Literaten und Künstler seiner Zeit kennen: darunter Franz Blei, Robert Musil, Alfred Polgar, Egon Friedell, Anton Faistauer, Egon Schiele. Er schreibt für die von Franz Blei herausgegebene Kulturzeitschrift Summa (1917–1918). Nach dem Krieg wird er in den Betriebs- und Arbeiterrat der Spinnfabrik gewählt. 1923 Trennung von seiner Frau. Ab 1925 Studium der Philosophie und Mathematik in Wien. Sein Interesse gilt vor allem Fragen der Ethik und der Wertsetzung. Von der positivistischen Ausrichtung der Philosophie ist Broch enttäuscht. Zunehmend wendet er sich der Literatur zu, die das Irrationale nicht ausklammern muss. Entschluss die Industrie zu verlassen und die Spinnfabrik zu verkaufen (1927). Beginnt nun ernsthaft literarisch zu arbeiten, die Romantrilogie Die Schlafwandler entsteht (1930–1932). Broch wählt die Literatur bewusst als Mittel der Erkenntniserweiterung und spricht ihr eine gesellschaftlich relevante Rolle zu. Die Form des Romans vermag die Totalität menschlichen Seins darzustellen, Goethes Wilhelm Meister und Joyce's Ulysses dienen als Vorbild. Brochs Die Schlafwandler erregen internationales Interesse. 1932 zieht Broch zu den Holzarbeitern Franz und Therese Gaiswinkler nach Gößl am Grundlsee. Hier entsteht das Drama Die Entsühnung. Broch bemüht sich um junge Schriftsteller, die er zu fördern versucht. So stellt er anlässlich einer Lesung 1933 den jungen Elias Canetti vor. Im gleichen Jahr wird er zum Mitglied des österreichischen PEN-Club ernannt. Veröffentlichung des Romans Die Unbekannte Größe. Broch hat zunehmend mit familiären und finanziellen Problemen zu kämpfen. Aufgrund seiner prekären finanziellen Lage lebt Broch in den dreißiger Jahren häufig in Bergdörfern, um so seine Lebenshaltungskosten zu senken. 1934 Vorbereitung eines nächsten großen Romanprojektes, er fasst ein religiöses Werk ins Auge: Die Verzauberung (in der Entstehung auch als Bergroman, Gebirgsroman, Bauernroman betitelt). Neben seinen finanziellen Problemen machen dem Autor nun auch gesundheitliche Probleme zu schaffen, die politische Lage in Deutschland und Österreich bedrückt ihn. Aufenthalt in Baden und Laxenburg bei Wien. Nachdem er den Sommer 1935 in München bei Daniel Brody verbracht hat, zieht er im Herbst 1935 nach Mösern, wo er, abgesehen von kurzen Unterbrechungen, bis Mitte 1936 im Haus Klotz wohnt. Dort lebt er eine Zeit lang mit Auguste von Horváth, die er 1932 kennen gelernt hat. Sie kehrt jedoch bald nach München zurück und bricht ihre Beziehung zu Broch Anfang 1936 ab. Nach seinem Aufenthalt in Mösern lebt Broch noch bis 1938 zum Teil in Wien, zum Teil im Salzkammergut, wo er mit der Arbeit am Vergil-Roman beginnt. 1937 lernt er AnneMarie Meier-Graefe kennen, die er 1949 heiratet. Im März 1938 wird Broch in Altaussee von ortsansässigen Nationalsozialisten verhaftet, aber, nachdem sich in der Haft Darmblutungen einstellen, bald wieder entlassen. Am 24. Juli 1938 verlässt Broch Österreich und fliegt nach London, wenig später zieht er weiter nach Schottland, im September 1938 wird ihm ein amerikanisches Visum bewilligt. Am 9. Oktober 1938 erreicht er New York. Er erhält bei der Guggenheim Foundation ein Stipendium zur Fertigstellung seines Vergil-Romans, weitere Stipendien folgen. Während er einigen Schriftstellerkollegen zur Ausreise verhelfen kann und auch seinem Sohn eine amerikanische Einreiseerlaubnis beschaffen kann, kommt seine Mutter 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt um. Broch setzt sich intensiv mit dem Faschismus auseinander, widmet sich massenpsychologischen Studien und verfasst eine Massenwahntheorie. Mitarbeit an dem Demokratiebuch The City of Man. 1942 Übersiedlung nach Princeton/New Jersey, wo er sich bis 1949 niederlässt. 1945 Veröffentlichung des Romans Der Tod des Vergil. 1948 Unfall, der einen beinahe einjährigen Krankenhausaufenthalt zur Folge hat. Im Mai 1949 Übersiedlung nach New Haven (Connecticut). 1950 Veröffentlichung des Romans Die Schuldlosen. Ende 1950 Versuch den Bergroman fertig zu stellen. Am 30. Mai 1951 erliegt er einem Herzinfarkt.