Ernst Lissauer stammt aus einer wohlhabenden, assimilierten jüdischen Familie. Sein Vater, Hugo Lissauer, ein angesehener Kaufmann, Handelsrichter und Wirtschaftspolitiker, ist Mitbegründer der liberalen Berliner Reformgemeinde, die sich für die Modernisierung und die Einordnung des Judentums in die deutsche Kultur einsetzt. Nationale Identität spielt für Lissauer von Kindheit an eine große Rolle, dennoch kommt er als 15jähriger dem Wunsch der Eltern, sich christlich taufen zu lassen, nicht nach. Nach Besuch des Gymnasiums studiert er einige Semester Literaturgeschichte in Leipzig, München und Berlin, wo er sich 1906 schließlich als freier Schriftsteller niederlässt. 1907 erscheint seine erste Gedichtsammlung Der Acker, 1912 folgt ein zweiter Gedichtband, Der Strom. Der Autor identifiziert sich stark mit der preußischen Geschichte, unter anderem mit den Befreiungskriegen, die er 1913 in dem Gedichtband 1813. Ein Zyklus würdigt. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldet sich der Autor freiwillig zum Kriegsdienst, wird aber als untauglich eingestuft. Es entstehen nationale und militante Gedichte, darunter der Haßgesang gegen England. Nach dem Krieg wendet er sich vor allem dramatischen Texten zu. 1924 stirbt seine Ehefrau Marie Willfuhr, die 1920 in die Psychiatrie eingewiesen worden war, 1929 heiratet Lissauer ein zweites Mal, seine Sekretärin Margerete Langner. Ab 1933 darf der Autor in Deutschland nichts mehr veröffentlichen. Sein letzter Gedichtband Zeitenwende erscheint 1936 in Wien, er findet darin zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft. Der Autor stirbt 1937 an einer Lungenentzündung und wird am jüdischen Friedhof in Wien begraben.