645613 Das Unterste zuoberst gekehrt. Zur Kulturanalyse von Naturkatastrophen

Wintersemester 2010/2011 | Stand: 17.02.2011 LV auf Merkliste setzen
645613
Das Unterste zuoberst gekehrt. Zur Kulturanalyse von Naturkatastrophen
VU 2
4
wöch.
keine Angabe
Deutsch
1.) In theoretischer Hinsicht: kritische Auseinandersetzung mit facheinschlägigen und -verwandten Zugängen zum Lehrveranstaltungsthema. 2.) In methodischer Hinsicht: eigenständiges Anwenden qualitativer, empirisch-kulturwissenschaftlicher Zugänge. 3.) In praktischer Hinsicht: Präsentation und Diskussion eigener Forschungsergebnisse in einem Referat, Verfassen einer schriftlichen Arbeit.
Das Wasser bricht sich seine Bahn, die Erde setzt sich in Bewegung, die Luft tritt als Wirbelsturm in Erscheinung, und das Feuer ergießt sich als Lavastrom: Naturkatastrophen hat es seit Menschengedenken gegeben. Vergleichsweise jung ist allerdings das Wort „Naturkatastrophe“. Das Moment der Umkehr, das im griechischen „katastréphein“ steckt – mit dem das Unterste gleichsam zuoberst gekehrt wird –, verlor erst im Laufe des 19. Jahrhunderts seine früher vorherrschende dramentheoretische Bedeutung. Und nicht vor den 1850er-Jahren kam zur „Katastrophe“ als Wendepunkt im Lebenslauf eines Individuums und im gesellschaftlichen Dasein noch ein zweiter Sinngehalt hinzu: Selbst ein Naturereignis könne als Katastrophe bezeichnet werden, heißt es 1853 im Brockhaus, falls dieses einen Einfluss auf die „Entwicklung des menschlichen Geschicks, eines geschichtlichen Verhältnisses“ habe. Solange das Wasser uns also nicht zu Leibe rückt, das Erdbeben die Häuser nicht zum Zittern bringt, der Sturm nicht durch die Städte fegt und die Lava nicht die Kulturlandschaft versiegelt, scheint die Natur nichts Katastrophales an sich zu haben. „Katastrophen“, heißt ein vielzitiertes Diktum von Max Frisch, „kennt allein der Mensch, sofern er sie überlebt; die Natur kennt keine Katastrophen.“
So betrachtet müsste die Analyse von Naturkatastrophen grundlegend eine Aufgabe der Geschichts-, Sozial- und Kulturwissenschaften sein. Aber auch das war bis in jüngere Vergangenheit keineswegs selbstverständlich. Innerhalb der Umweltgeschichte stellt die Beschäftigung mit extremen Naturereignissen beispielsweise das jüngste Forschungsfeld dar, auch die Risiko- und Katastrophensoziologie war bis vor kurzem noch wenig etabliert, und in der Volkskunde haben sich erst in jüngerer Vergangenheit die Beiträge zu einer „Ethnologie der Katastrophe“ und zur „kulturellen Vermittlung von Naturkatastrophen“ gemehrt. Um die gemeinsame Lektüre und Diskussion volkskundlicher und fachverwandter Texte zu diesem Forschungsfeld soll es in einer Einführungsphase der Lehrveranstaltung gehen. Daran anschließend sind die Teilnehmer/innen dazu eingeladen, eigene empirisch-kulturwissenschaftliche Zugänge zum Phänomen der Naturkatastrophe zu entwickeln, vorzustellen und zu diskutieren. Die Lehrveranstaltung wird im Rahmen eines e-Tutoriums von Helga Kirchleitner begleitet.
Regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit, Teilnahme an einer empirischen Übung, gemeinsame Lektüre, Referat und Abschlusstest.
Groh, Dieter, Kempe, Michael u. Mauelshagen, Franz (Hrsg.): Naturkatastrophen. Beiträge zur Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert. Tübingen 2003 (= Literatur und Anthropologie, 13). Hugger, Paul: Elemente einer Ethnologie der Katastrophe in der Schweiz. In: Zeitschrift für Volkskunde, 86 (1990), S. 25-36. Rieken, Bernd: Vom Nutzen volkskundlich-historischer Zugänge für die Katastrophenforschung: New Orleans 2005. In: Andreas Hartmann, Silke Meyer u. Ruth-E. Mohrmann: Historizität. Vom Umgang mit Geschichte. Hochschultagung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde zum Thema „Historizität als Aufgabe und Perspektive“, Münster, 21.09.–23.09.2006. Münster 2007, S. 149-178. Schmidt, Andreas: „Wolken krachen, Berge zittern, und die ganze Erde weint…“. Zur kulturellen Vermittlung von Naturkatastrophen in Deutschland 1755 bis 1855. Münster u.a. 1999. Eine ausführliche Literaturliste wird in der Lehrveranstaltung ausgegeben.
Beginn: 14. Oktober
Gruppe 0
Datum Uhrzeit Ort
Mo 04.10.2010
17.15 - 18.30 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 14.10.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 21.10.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 04.11.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 18.11.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 25.11.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 02.12.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 09.12.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Mi 15.12.2010
17.15 - 18.45 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 16.12.2010
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 16.12.2010
19.00 - 22.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Mi 19.01.2011
17.15 - 18.45 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 20.01.2011
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 27.01.2011
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte
Do 03.02.2011
15.30 - 17.00 52U109 SR 52U109 SR Barrierefrei Induktionsschleifen für Gehöreingeschränkte